2014 trat ich wieder in Verbindung mit meinen indigenen Wurzeln, als ich ein Projekt über das Programm Lernen Global des DVV gefördert bekam (https://www.dvv-international.de/).
Der Titel des Projekts lautete: “Eine Reise in eine andere Welt, das Universum des Kogis“. Ziel war es über ein halbes Jahr mit einer vierten Klasse zu erarbeiten und schließlich zu verstehen, wie die Kogi-Gemeinde in Kolumbien im Einklang mit der Natur lebt. Bevor ich anfing, wollte ich gerne die Erlaubnis der Kogi einholen, jedoch hatte ich keine Kontakte zu ihrer Gemeinde. Im folgenden Jahr und während der Entwicklung dieses Bildungsprojekts lernte ich Oliver Driver kennen, der das Café Kogi betreibt (https://urwaldkaffee.de) und mir half mit der Kogi-Community in Kontakt zu treten. In der Nähe der Stadt Santa Marta gab mir schließlich ein Mamo Kogui sein Einverständnis und ein s.g. Versicherungsarmband aus Baumwolle.
Existenzielle Fragen beschäftigten mich damals. Eine innere Stimme fragte sich, wieso ich überhaupt in Deutschland war und veranlasste mich so, mich für die Förderung zu bewerben. Als Innenarchitektin interessierte ich mich schon damals für Produkte aus den Gemeinden meines Landes. Die Vorarbeit für das Projekt mit der Schulklasse inspirierte mich, das erste soziale Projekt mit der Kogi-Gemeinschaft zu entwickeln. Ursprünglich zielte das Projekt darauf ab, von den Kogis hergestellte Textilien aus Baumwolle nach Deutschland zu bringen, mit den gleichen Werten, die heute Soy Bachue vertritt.
Im Februar 2016 reiste ich nach Kolumbien und war Gast in der Gemeinde in den Sierra Nevada de Santa Marta. Ich wartete nach meiner Ankunft am Haus der Ureinwohner in Santa Marta, da mich eine Gruppe Kogis abholen wollte. Wir durchquerten die Stadt Palomino und nahmen dann einen Pfad direkt in den Dschungel der Sierra Nevada de Santa Marta.
Für die Reise benötigten wir einen 4X4-LKW, da die Straßen in einem schlechten Zustand waren und dort normalerweise nur Pferde und Maultiere unterwegs waren. Bereits Monate zuvor hatte ich Judy Nuvita kontaktiert. Sie ist eine Anführerin der Kogi-Gemeinschaft, eine schöne junge Frau, die als erste Kogi einen Universitätsabschluss machte. Sie studierte Zahnmedizin arbeitet seitdem für die Kommune. Wir haben damals gemeinsam ein Projekt entwickelt, das wir den Mamos zur Genehmigung vorlegen wollten. In der Kogi-Gemeinschaft wird alles von den ältesten und weisesten Wesen, den Mamos, genehmigt. Zwei Tage nach meiner Ankunft befragten die Mamos das Orakel, um das Gesetz von SÉ über das Projekt zu befragen.
Auf dem Weg in die Berge machte ich einen Zwischenstopp in einer indigenen Stadt. Dort lebte ich in einem wunderbaren Haus, wo man sich am Kamin traf und in einer Hängematte schlief. Durch den Aufenthalt stiegen die Kosten des Projektes. Mir war es jedoch wichtig den gesamten Ablauf von der Pflanze, zur Ernte, zum Spinnen und zur finalen Herstellung kennenzulernen. Für Judy und mich war dies eine wichtige Zeit und wir bereiteten uns intensiv auf ein Frauentreffen vor, wo wir unser Projekt vorstellen wollten.
Die folgende Nacht war besonders ruhig und ich beschloss alleine zu schlafen, um die Stille und den Geräuschen der Sierra zu lauschen. Früh, sehr früh, weckten mich zwei jüngere Männer und sagten, ich solle so schnell wie möglich packen und abreisen. Ich versuchte zu erklären, dass meine Mission noch nicht beendet war, doch sie sagten nur, dass sie mich zurück nach Palomino bringen würden. Sie sprachen nur wenig Spanisch, weshalb ich keine andere Wahl hatte. Alles ging sehr schnell. Wir sind nicht mit dem Auto gefahren, sie hatten keine Autos.
Ich packte meine wichtigsten Sachen auf ein Motorrad und fuhren in Begleitung eines anderen Mannes die Berge herunter. Es war ein Adrenalinrausch und weil ich noch nie auf einem Motorrad gefahren war, verbrannte ich mir mein Bein am Benzintank.
Als wir gegen Mittag in Palomino ankamen, sagten sie mir endlich was los war: Bis an die Zähne bewaffnete paramilitärische Gruppen hatten das Dorf durchstreift und die Kogis konnten meine Sicherheit nicht mehr gewährleisten.
Die Flucht zeigte mir, dass es an der Zeit war, die Kogis zu unterstützen und ihre von Hand hergestellten Baumwollstoffe nach Deutschland zu bringen. Zurück in Deutschland teilte mir jedoch der Verein mit, dass die Kosten und die lange Entwicklungszeit zu hoch seien, weshalb das Projekt abgelehnt und nicht gefördert wurde. Ich stand vor einem Scherbenhaufen, mein Traum war ausgeträumt.
2018 hatte ich die Ehre, auf einer Konferenzen zu übersetzen, die während der Reise von Mamo José Gabriel Alimako mit Kogi-Kaffee in Köln stattfand. So blieb ich in Kontakt zur Kogi Community. Irgendwann erhielt ich die Nachricht, dass Mamo Bernardo verstorben sei. Die Hoffnung aber, dass wir unser Projekt aus der Aussaat von Baumwolle realisieren werden, lebt weiter.
Soy Bachué ist ein Spross dieses Samens. Wir zählen auf die #soybachué-Community, um weiterhin Träume in unserer Realität zu weben, die sie so sehr braucht.
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